Joachim Richardt,
Geschäftsführer
des KVD Kleingarten-Versicherungsdienstes, Köln
A. Verschiedene Fallkonstellationen
1. Der Verein schädigt einen Dritten
2. Der Verein schädigt ein nicht teilnehmendes
Vereinsmitglied
3. Der Verein schädigt sich selbst
4. Die Teilnehmer an der Gemeinschaftsarbeit schädigen sich untereinander
5. Ein Teilnehmer an der Gemeinschaftsarbeit schädigt
sich selbst
6. Die Teilnehmer an der Gemeinschaftsarbeit schädigen
den Verein
7. Eigene Haftung der Teilnehmer an der
Gemeinschaftsarbeit
B. Verhalten
im Schadensfall und wichtige Versicherungsausschlüsse
Die Gemeinschaftsarbeit, d.h. der vom Verein organisierte und durchgeführte Arbeitseinsatz, ist aus dem Vereinsleben eines Kleingärtnervereins nicht wegzudenken. Die Gemeinschaftsanlagen und -flächen müssen von den Vereinsmitgliedern gepflegt und instand gehalten werden. Bei der Durchführung der Gemeinschaftsarbeiten kommt es immer wieder zu Personen- oder Sachschäden, die durch die an der Gemeinschaftsarbeit teilnehmenden Mitglieder schuldhaft verursacht werden.
Vielfach wird in diesem Zusammenhang die irrige Meinung vertreten, dass alles, was im Rahmen von Gemeinschaftsarbeiten geschädigt wird, auch vom Verein zu bezahlen ist. Diese Auffassung wird damit begründet, dass die an der Gemeinschaftsarbeit Teilnehmenden im Auftrag des Vereins tätig seien und er allein deshalb für alle Schäden einzutreten habe.
Die Frage, ob die eingetretenen Schäden vom Verein zu bezahlen (Haftung) und durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt (Deckung) sind, wird jedoch nach der im Einzelfall zu prüfenden Sach- und Rechtslage beurteilt. Sofern Deckung besteht, wird die Haftpflichtversicherung unberechtigte Schadenersatzansprüche (dies ist der Fall, wenn keine Haftung besteht) als unbegründet zurückweisen (passive Rechtsschutzfunktion) und berechtigte Schadenersatzansprüche (es besteht eine Haftung) bezahlen (Freistellungsfunktion). In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob gegebenenfalls die Haftung gemindert oder gar ausgeschlossen ist.
Diese Aufgabe übernimmt u. a. die Vereins-Haftpflichtversicherung. Ihr liegen die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung" (AHB) zugrunde. Hiernach wird dem Verein Versicherungsschutz für den Fall gewährt, dass er für die Folgen eines während der Wirksamkeit der Versicherung eingetretenen Schadenereignisses aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird. Versicherungsnehmer (VN) ist der Verein; die Mitglieder des Vorstandes und die übrigen Vereinsmitglieder, die im Interesse des Vereins tätig werden, sind mitversicherte Personen.
Nach den „Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen" (BBR) für die Haftpflichtversicherung für Vereine ist im Rahmen der AHB die gesetzliche Haftpflicht des VN als Verein, insbesondere aus den gewöhnlichen satzungsgemäßen oder sonst sich aus dem Vereinszweck ergebenden Veranstaltungen, versichert. Mitversichert ist die persönliche gesetzliche Haftpflicht sämtlicher übrigen Mitglieder aus der Betätigung im Interesse und dem Zwecke des versicherten Vereins bei Vereinsveranstaltungen. Als eine solche Veranstaltung ist für einen Kleingärtnerverein die Gemeinschaftsarbeit anzusehen.
Dieser Einschluss der persönlichen gesetzlichen Haftpflicht der übrigen Mitglieder bedeutet nicht - wie zum Teil fälschlich angenommen wird -, dass hierdurch jedes Vereinsmitglied eine eigene Privat-Haftpflichtversicherung zur Verfügung gestellt bekommt. Um den Abschluss einer Privat-Haftpflicht-Versicherung muss sich jedes Vereinsmitglied selbst bemühen.
Unter Umständen kann auch die Privat-Haftpflichtversicherung
für Schäden, die im Zusammenhang mit der Durchführung von
Gemeinschaftsarbeit verursacht werden, zum Tragen kommen. Dies kann dann der
Fall sein, wenn sich die Schadenersatzansprüche nicht gegen den Verein, sondern
direkt gegen die einzelnen Teilnehmer der
Gemeinschaftsarbeit richten und eine Privat-Haftpflichtversicherung vom einzelnen Teilnehmer abgeschlossen
wurde.
Die verschiedenen Fallkonstellationen sollen das Gesagte nachfolgend genauer darstellen.
Der Kleingärtnerverein hat auf dem Vereinsgelände Häckselarbeiten im Rahmen der Gemeinschaftsarbeit angesetzt. Hierzu stellt er den an der Gemeinschaftsarbeit teilnehmenden Vereinsmitgliedern den vereinseigenen Häcksler zur Verfügung. Bei den Häckselarbeiten wird ein Teil des Häckselgutes aus dem Einfüllstutzen zurückgeworfen und verletzt einen in unmittelbarer Nähe vorbeigehenden Besucher der Kleingartenanlage am Kopf.
Für den hier eingetretenen Personenschaden kann der Verein haftpflichtig gemacht werden, da ihm im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht die Verpflichtung obliegt, den Häckselplatz weiträumig abzusperren, damit unbeteiligte Dritte durch die Häckselarbeiten nicht gefährdet und geschädigt werden.
Wenn sich bei gleicher Sachlage infolge mangelnder oder schlecht durchgeführter Wartung ein Teil des Häckslers lösen und einen Dritten verletzen würde, so könnte für den hierdurch verursachten Personenschaden ebenfalls der Verein haftpflichtig gemacht werden.
Beide Personenschäden wären der Vereins-Haftpflichtversicherung zu melden, die auf ihre Kosten im Namen des Vereins die Verhandlungen mit dem Geschädigten führen und, sofern Deckung besteht, die passive Rechtsschutzfunktion oder Freistellungsfunktion wahrnehmen würde.
Geschädigter Dritter kann auch ein Vereinsmitglied sein, das nicht an der Gemeinschaftsarbeit teilnimmt. Auch ihm gegenüber kann der Verein die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzen, wenn sich infolge mangelnder oder schlecht durchgeführter Wartung ein Teil vom vereinseigenen Häcksler löst und einen unbeteiligten Gartenfreund verletzt.
In der Vereins-Haftpflichtversicherung sind nach herrschender Meinung
in der juristischen Literatur und einer Entscheidung des Oberlandesgerichts
(OLG) Köln (in Neue Zeitschrift für Versicherung und Recht [NVersZ02. 417])
Ansprüche von Versicherten (das sind die an der Gemeinschaftsarbeit teilnehmenden
Mitglieder) gegen den VN (das ist der Verein) nicht vom Versicherungsschutz
ausgeschlossen.
Die Vereins-Haftpflichtversicherung würde, sofern Deckung besteht, unberechtigte
Schadenersatzansprüche im Namen des Vereins abwehren und berechtigte Schadenersatzansprüche
im Rahmen der Versicherungsbedingungen bezahlen.
Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn im Rahmen von
Gemeinschaftsarbeiten auf dem Vereinsgelände Erdarbeiten durchgeführt werden
und eine im Boden verlegte Wasserleitung beschädigt wird, die im Eigentum des
Vereins steht. In einem solchen Fall würde es schon an einer Haftung des
Vereins fehlen, da sich der Verein - wie auch jede andere natürliche Person -
nicht selbst auf Schadenersatz in Anspruch nehmen kann. Auch die Vereins-Haftpflichtversicherung
würde hier keine Deckung bieten, da es insoweit an einem Schadenersatzanspruch
eines Dritten fehlt und so genannte Eigenschäden nicht mitversichert sind.
Denkbar sind auch Fälle, bei denen sich die Teilnehmer an der Gemeinschaftsarbeit untereinander schädigen.
Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Gartenfreund beim Befüllen des
vereinseigenen Häckslers einem anderen Gartenfreund mit einem Ast eine
Verletzung am Auge zufügt.
Hier ist der Verein durch den geschädigten Teilnehmer an der Gemeinschaftsarbeit nicht haftpflichtig zu
machen, da das Ansetzen von Gemeinschaftsarbeit durch den Verein als solches
keine zum Schadenersatz verpflichtende Handlung ist. Vielmehr handelt der den
Schaden verursachende Gartenfreund beim Befüllen des Häckslers
eigenverantwortlich und ist deshalb auch für den von ihm verursachten Schaden
haftpflichtig.
Sollte sich der geschädigte Gartenfreund dennoch mit
Schadenersatzansprüchen an den Verein wenden, so wären sie dem Vereins-Haftpflichtversicherer unverzüglich zu melden. Der
Vereins-Haftpflichtversicherer würde auf seine Kosten den Anspruch als
unbegründet im Namen des Vereins abwehren.
Allerdings haftet der den Schaden verursachende Gartenfreund dem
verletzten Gartenfreund nach den allgemeinen Grundsätzen des Schadenersatzrechtes
gemäß § 823 Abs. l Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf Schadenersatz. Sofern eine Privat-Haftpflichtversicherung besteht,
würde diese sich des Falles annehmen müssen. Die
Vereins-Haftpflichtversicherung würdesich mit Schadenersatzansprüchen des geschädigten
Gartenfreundes nicht befassen, da nach den BBR für Vereine Ansprüche der mitversicherten
Personen untereinander von der Versicherung ausgeschlossen sind.
Es kommt auch vor, dass sich ein Gartenfreund bei der Durchführung der
Gemeinschaftsarbeit selbst schädigt. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn
ihm bei den Arbeiten die Brille von der Nase rutscht und in den Häcksler fällt.
Hierfür ist der Verein nicht haftbar, da der Gartenfreund die ihm zugewiesenen Arbeiten
eigenverantwortlich vornimmt.
Da keine Schädigung durch einen Dritten vorliegt,
kann der Gartenfreund keinen anderen für die beschädigte Brille haftpflichtig
machen. Da es an einem Schadenersatzanspruch eines Dritten fehlt, ist ein
derartiger Schaden weder über die Vereins-Haftpflichtversicherung noch über die Privat-Haftpflichtversicherung gedeckt.
Letztlich ist auch noch der Fall denkbar, dass einer der Teilnehmer an der Gemeinschaftsarbeit den
vereinseigenen Häcksler beschädigt. In einem solchen Fall würde der Gartenfreund
dem Verein gegenüber grundsätzlich nach § 823 Abs. l BGB auf Schadenersatz
haften, wobei im Schadenersatzrecht derjenige Wert zu ersetzen ist, den die
Sache zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses gehabt hat (Zeitwert). Auch
in einem solchen Fall wäre es Aufgabe der
Privat-Haftpflichtversicherung des Gartenfreundes, der den Schaden verursacht,
sich mit dem Schadensfall zu befassen.
Unter Umständen ergibt sich bei den Schadenszenarien neben der Haftung
des Vereins eine eigene Haftung derjenigen Teilnehmer an der Gemeinschaftsarbeit, die den Schaden aufgrund eigenen
Tuns oder Unterlassens einem Dritten zugefügt haben. Diese Gartenfreunde haften
dem Geschädigten neben dem Verein als Gesamtschuldner.
Wie bereits dargelegt, würde sich die Vereins-Haftpflichtversicherung
mit der persönlichen gesetzlichen
Haftpflicht des einzelnen Mitgliedes befassen, da die
Gemeinschaftsarbeit im Interesse und zum Zwecke des versicherten Vereins
ausgeübt wurde. Für den Fall, dass die
Vereins-Haftpflichtversicherung Zahlungen vornehmen würde, wäre ein
Regress gegenüber dem Vereinsmitglied ausgeschlossen, d.h. es müsste nicht
befürchten, vom Vereins-Haftpflichtversicherer auf Ersatz der Schadenzahlung in
Anspruch genommen zu werden.
Daneben könnte auch die Privat-Haftpflichtversicherung zum Tragen kommen. Gegebenenfalls würden dann die
beiden Versicherer über die Grundsätze der Doppelversicherung Leistungen untereinander
ausgleichen, ohne dass Nachteile für die versicherten Personen entstehen.
Wie ausgeführt, sind Schadenersatzansprüche im
Zusammenhang mit der Durchführung von Gemeinschaftsarbeiten in vielfacher Weise denkbar. Je nachdem, wie die Sach-
und Rechtslage des Einzelfalles ausgestaltet
ist, gewährt die Vereins-Haftpflichtversicherung und/oder die
Privat-Haftpflichtversicherung für die eingetretenen Personen- und/oder Sachschäden Versicherungsschutz.
Es ist im Schadensfall zu beachten, dass der Versicherungsfall
unverzüglich, d.h. ohne schuldhafte
Verzögerung, spätestens innerhalb einer Woche dem
Haftpflichtversicherer schriftlich anzuzeigen ist. Dies bezieht sich auch auf solche Ansprüche, die einen Schadenersatzanspruch
nach sich ziehen könnten.
Es ist weiterhin darauf zu achten, dass der VN nicht berechtigt ist, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers einen Haftpflichtanspruch
ganz oder zum Teil oder vergleichsweise anzuerkennen oder zu befriedigen, da
hierdurch der Versicherungsschutz gefährdet wird. Für vorsätzlich verursachte
Schäden besteht kein Versicherungsschutz.