Folgen der Pflichtverletzung bei Verstößen gegen den Laubenbau

 

Verstöße gegen die Bestimmungen des § 3 Abs. 2 Bundeskleingartengesetz (BKIeingG) über die Größe und Ausstattung der Lauben stellen sowohl eine (vertragliche) Pflichtverletzung als auch einen Verstoß gegen das öffentliche Recht dar.

 

1. Verstöße als vertragliche Pflichtverletzungen

 

Im Rahmen der gesetzlichen Regelungen kön­nen die Vertragsparteien untereinander ihre Beziehungen frei bestimmen. Die Vertragspar­teien dürfen jedoch keine Vereinbarungen treffen, die gegen gesetzliche Regelungen ver­stoßen. Solche Vereinbarungen sind gemäß § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig. Der Vertrag ist in einem solchen Fall so zu be­handeln, als ob die gesetzwidrige Vereinbarung nicht getroffen worden wäre. Es gilt dann die gesetzliche Regelung. Diese Grundsätze gel­ten für alle gesetzwidrigen Abreden.

 

So stellt z. B. der Ausbau einer Laube, welche die zulässige Größe überschreitet, eine nicht uner­hebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten des Pächters im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 BKIeingG dar. Das Gleiche gilt auch für die Ausstattung der Laube mit Ver- und Entsor­gungseinrichtungen.

 

Bei Verstößen dieser Art hat der Verpächter wegen des vertragswidrigen Gebrauchs einen Unterlassungsanspruch gemäß § 541 BGB, der in diesen Fällen auf Rückbau bzw. Beseiti­gung des rechtswidrigen Zustandes gerichtet ist.

Anspruchsvoraussetzung ist die Abmahnung durch den Verpächter und die Fortsetzung des vertragswidrigen Gebrauchs des Pächter. Auf ein Verschulden des Pächters kommt es nicht an.

 

In gestuften Pachtverhältnissen Anm1) richtet sich der Anspruch des Verpächters gegen den Pächter auf der jeweiligen Pachtstufe.

Bei Einzelpacht­verträgen also gegen den Kleingärtner, bei Zwischenpachtverträgen gegen den Zwischen­pächter (als Pächter), denn § 541 BGB setzt nicht voraus, dass der vertragswidrige Ge­brauch durch den Vertragspartner selbst erfolgt. Es genügt, wenn der Kleingärtner die ihm überlassene Fläche mit Wissen des Zwischenpächters vertragswidrig nutzt.

 

In Einzelfällen kann dem Beseitigungsverlan­gen des Verpächters der Gleichbehandlungs-Grundsatz entgegengehalten werden, wenn vergleichbare Verletzungen anderer Pächter folgenlos bleiben. Denn ein exemplarisches Vorgehen gegen Einzelne beseitigt nicht den vertragswidrigen Zustand in einer Kleingar­tenanlage und verletzt den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Auf den Einwand der unzulässigen Rechtsaus­übung gemäß § 242 BGB wegen widersprüch­lichen Verhaltens des Verpächters kann der Pächter sich dann nicht berufen, wenn in der Pflichtverletzung auch ein Verstoß gegen ge­setzliche Bestimmungen vorliegt. Denn auf die Einhaltung des Gesetzes kann der Verpächter nicht wirksam verzichten. (Ein widersprüchlich­es Verhalten liegt z. B. dann vor, wenn der Ver­pächter einen rechtswidrigen Zustand über ei­ne längere Zeit wissentlich geduldet und damit gegenüber dem Pächter einen Vertrauenstat­bestand begründet hat und nunmehr im Wider­spruch zu seinem früheren Verhalten die Besei­tigung des rechtswidrigen Zustands verlangt.)

Hat der Verpächter ein Urteil erwirkt, dann kann er die Durchsetzung seines Anspruchs auf Rückbau bzw. Beseitigung im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen.

 

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2. Verstöße gegen öffentliches Recht

Jeder Verstoß gegen öffentliches Recht stellt eine Störung der öffentlichen Ordnung dar und bewirkt die Rechtswidrigkeit der Anlage oder der Einrichtung.

 

Die zuständige Behörde ist deshalb gehalten, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen.

ÄDas kann durch Rückbau, z. B. der baulichen Anlage auf die zulässige Größe, erfolgen oder durch Beseitigung der Anlage oder Einrichtung.

 

Beide Maßnahmen setzen einen entsprechen­den Verwaltungsakt voraus. Rechtsgrundlage hierfür sind die entsprechenden Bestimmun­gen über den Rückbau bzw. die Beseitigung baulicher Anlagen in den jeweiligen Bauord­nungen der Länder.

 

Der Erlass einer entsprechenden Anordnung stellt eine Ermessungsentscheidung dar. Die Behörde ist also verpflichtet, über das Ob (Handlungsermessen) und das Wie (Auswahl­ermessen) eine auf sachlichen Erwägungen beruhende Entscheidung zu treffen. Durch die Einräumung eines Ermessensspielraums bei der Frage des Ob und des Wie eines Ein­schreitens sollen der Verwaltung flexibles Vor­gehen und die Beachtung der Besonderhei­ten des Einzelfalls ermöglicht werden.

 

Es gibt rechtswidrige Anlagen, welche die Behör­de ausnahmsweise dulden kann oder dulden muss. Die Behörde hat, ausgehend von der grundsätzlichen Verpflichtung, gegen rechts­widrige Zustände vorzugehen, zu prüfen, ob nicht ausnahmsweise besondere Umstände vorliegen, die es etwa nach dem Verhältnismäßigkeits- oder Gleichheitssatz erfordern oder rechtfertigen, eine rechtswidrige Anlage zu belassen.

Dazu gehören z.B. Zusagen in Bagatellfällen oder eine lang andauernde Duldung. In be­stimmten Fällen kann eine von der zuständi­gen Behörde bekundete Duldung einer rechts­widrigen Anlage einen Rechtsstatus herbei­führen, der dem auf einer Baugenehmigung beruhenden angenähert ist (vgl. Oberverwal­tungsgericht - OVG - Berlin, MDR 1983, 16).

 

Die Handhabung des Ermessens muss vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und vom Gleichheitsgrundsatz beherrscht sein. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird in der Regel bei der Beseitigung rechtswidriger Zu­stände nicht verletzt. Das kann nur dann der Fall sein, wenn andere Maßnahmen als die Beseitigung der Anlage auch einen rechtmäßi­gen Zustand her­beiführen würden.

Der Gleichheitsgrund­satz soll verhindern, dass gleichliegende Tatbestände ohne sachlichen Grund un­terschiedlich behandelt werden.

Das setzt z. B. in einer Kleingartenan­lage eine systematische Erfassung des rechts­widrigen Zustandes vor­aus und erfordert ein gleichartiges Vorgehen gegen vergleichbare An­lagen auch in einem zeitlichen Zusammen­hang. Insoweit darf die Behörde auch ab­schnittsweise vorgehen, sofern die Absicht besteht, später auch gegen die anderen Störer einzuschreiten.

 

Dr. Lorenz Mainczyk ist Ministerialrat a. D, im ehemaligen Bundesministerium für Raum­ordnung, Bauwesen und Städtebau, Bonn.

 

DER FACHBERATER MAI 2004

 

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Anm1)

Der Kleingärtner hat den Garten vom Verein gepachtet, und der Verein hat ein Pachtverhältnis mit der Kommune / Regionalverband (Generalpachtvertrag)