Pflichtstunden leisten oder bezahlen ?
Gemeinschaftsleistungen (Pflichtstunden) sind für Verein und Kleingartenanlage unerlässlich, weil beide des tätigen Mitwirkens der Mitglieder bedürfen und ein Garten nur dann zum Kleingarten wird, wenn er in einer Anlage mit gemeinschaftlichen Einrichtungen (die gepflegt, instand gehalten und erneuert werden müssen) liegt.
Das Fordern von Pflichtstunden muss in Satzung oder Unterpachtvertrag festgelegt sein, die Verweigerung dieser Pächterpflicht wird zum Kündigungsgrund. Um das Ableisten der Pflichtstunden zu ermöglichen, sind vom Vorstand deshalb die erforderlichen Arbeiten und ihr Umfang zu planen, ehe die Mitgliederversammlung darüber beschließt. Der Gartenfreund muss seiner Leistungspflicht auch nachkommen können.
Bewährt hat sich, möglichst viele Aufgaben personengebunden zu übergeben und nur bestimmte Großeinsätze terminlich festzulegen. Unter Beachtung des körperlichen Leistungsvermögens lässt sich für jeden etwas finden -und wenn es die Aufsicht beim Kinderfest ist. Auf die Befreiung von Pflichtstunden gibt es keinen Rechtsanspruch.
Welche Aufgabe durch wen, wann und wie erledigt wird, liegt in der Verantwortung des Vorstandes. Es darf nicht sein, dass Gartenfreunde sich eine ihnen genehme Arbeit aussuchen können - oder gar müssen.
Nicht geleistete Pflichtstunden mit Geld abzugelten, bedarf eines Mitgliederbeschlusses und ist nur zu­lässig, wenn die Leistung hätte erbracht werden können, aber verweigert wurde. War der Gartenfreund verhindert, muss er sich selbst darum kümmern, wie er seiner Pflicht nachkommen kann.
Eine Geldleistung kann nicht gefordert und auch nicht durchgesetzt werden, wenn der Verein nicht genügend Arbeit vorgehalten hat oder es dem Gartenfreund überlässt, wie und wo er seine Stunden leistet.
Tp DER FACHBERATER • NOVEMBER 2007
Nicht geleistete Pflichtstunden
Beschlüsse der Mitgliederversammlung gelten für alle Mitglieder: Die Vergütung für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden darf dem Lohn eines Arbeitnehmers in der freien Wirtschaft entsprechen.
(Urteil des Amtsgerichts Stollberg vom 21.05.1996, Az. l C 1215/95)
In dem streitigen Verfahren wurde der Kleingärtner mit einer Zahlungsverpflichtung für acht nicht geleistete Gemeinschaftsstunden in Höhe von 160,- DM, d. h. von 20,- DM/nicht geleistete Stunde, belegt. Der Kleingärtner verweigerte die Zahlung mit der Begründung, sowohl die Anzahl der Pflicht­stunden als auch der Kostenansatz mit 20,- DM pro Stunde seien zu hoch.
Das Amtsgericht stellt fest:
1.     Der Verein darf Pflichtstunden festsetzen und im Falle der Verweigerung eine Vergütung für nicht geleistete Stunden verlangen. Wesentliche Verpflichtungen der Vereinsmitglieder müssen in der Vereinssatzung festgelegt werden. Es ist ausreichend, dass in der Vereinssatzung steht, dass Gemeinschaftsstunden geleistet werden müssen. Das nach der Satzung zuständige Gremium - die Mitgliederversammlung - kann die Anzahl der Gemeinschaftsstunden festlegen, ebenso die Höhe der Vergütung für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden.
2.     Alle Vereinsmitglieder sind an die Entscheidungen der Mitgliederversammlung gebunden. Hat die Mitgliederversammlung mehrheitlich über die Anzahl der Gemeinschaftsstunden und die Höhe der Vergütung für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden entschieden, sind alle Vereinsmitglieder daran gebunden.
Es kommt nicht darauf an, dass jeder Einzelne mit dieser Festsetzung einverstanden war. Das entspricht den allgemeinen Regeln des Vereinsrechts, wonach die mit Mehrheit gefassten Beschlüsse der Mitglie­derversammlung für alle Vereinsmitglieder verbindlich sind.
3.     Die Vergütung für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden darf mindestens den Stundenlohn eines Arbeiters in der freien Wirtschaft betragen. Das Gericht führt aus, dass der Kleingärtner mit der Verweigerung seiner Gemeinschaftsarbeiten dem Verein einen wirtschaftlichen Schaden zufügt. Er muss sich notfalls diese Leistung auf dem freien Markt kaufen und dafür den entsprechenden Arbeitslohn entrichten.
Das Gericht erlaubt dem Verein, die Vergütung sogar etwas höher zu setzen als den üblichen Arbeitslohn. Im Interesse des Vereines sei es, Mitglieder nicht durch niedrige Vergütungssätze zu animieren, einen Geldbetrag zu zahlen, sondern dazu, einen Beitrag für die Gemeinschaft zu leisten.
Th           DER FACHBERATER 1/2004